P2P-Kredit-Marktplätze in Europa – ein Überblick

P2P-Kredit-Marktplätze in Europa - ein ÜberblickEs gibt in Europa mit Stand 2019 relativ viele P2P-Plattformen, auf denen Kreditnehmer durch die Investitionen von Privatanlegern ein Darlehen erhalten können. Für die Anleger entstehen dadurch zum Teil sehr interessante Renditechancen, welche vergleichsweise risikoarm entstehen. Die Konditionen unterscheiden sich dabei zwischen einzelnen Anbietern teilweise erheblich, weshalb wir hier einen Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit liefern wollen.

Hintergrund zu den P2P-Krediten

P2P-Lending (peer-to-peer = gleich-zu-gleich) hebt das asymmetrische Machtverhältnis zwischen einer Bank und dem Kreditkunden auf. Die Anleger sind ebenso Privatleute oder Kleinunternehmer wie die Kreditnehmer. P2P-Plattformen verschaffen beiden Seiten bedeutende Vorteile: Investoren erhalten hohe Renditen teilweise von durchschnittlich 15 %, Totalausfälle oder selbst Negativzinsen wie bei börslichen Anlagen sind bei ausreichender Diversifizierung nicht zu erwarten.

Kreditnehmer mit schwächerer Bonität oder (als Gründer bzw. Gewerbetreibender) mit ungewöhnlichen Projekten erhalten eine unkomplizierte Finanzierung, die ihnen keine Bank gewährt. Auch P2P-Plattformen prüfen zwar mehr oder weniger genau die Bonität, aber nicht mit dem strengen Blick deutscher Banken. Jenen genügt ein negativer Schufa-Eintrag wegen einer vergessenen Handyrechnung, um den Kreditwunsch pauschal abzulehnen.

So streng gehen P2P-Plattformen nicht vor, bei allzu schwacher Bonität oder gar Insolvenz bzw. Bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung lehnen sie Kreditnehmer allerdings auch ab.

Es gibt noch einen weiteren Vorteil: Bekannt ist allgemein, dass sich das Risiko einer schwachen Bonität etwa wegen Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit oder einer unsteten finanziellen Karriere durch einen Zinsaufschlag ausgleichen lässt, den die betreffenden Kreditnehmer auch gern zahlen. Banken limitieren aber ihre Zinsen nach oben, P2P-Plattformen hingegen kaum.

Die Zinsen werden auktioniert, es steht dem Kreditnehmer frei, auch 15 – 20 % zu zahlen. Dadurch entstehen für die Investoren die teilweise sehr hohen Renditen. Die Plattformen bieten neben den P2P-Krediten oft noch andere Kredit- und Anlageformen an. Teilweise können Anleger in Immobilienprojekte investieren, das deutsche Portal smava vermittelt auch ganz klassische Bankkredite.

Baltikum als europäischer P2P-Hotspot

Die Online-Wirtschaft ist im Baltikum, wo inzwischen auch online gewählt wird, sagenhaft gut entwickelt. Da P2P-Kredite von der Online-Abwicklung leben, verwundert es nicht, dass sich hier auch ein Hotspot für europäische P2P-Kredite findet. Ein Pionier ist Bondora in Estland, wo auch EstateGuru seinen Sitz hat.

Noch deutlich mehr Anbieter stammen aus Lettland und werden dort nach handfesten Kriterien staatlich reguliert. Lettland hat überdies das Angebot einer Buyback-Option für P2P-Kredite juristisch verankert, was eine hohe Sicherheit schafft.

Bei Ausfällen kauft der Anbieter den Kredit zurück, Anleger erhalten in der Regel ihre Einlage ganz oder teilweise zurück. Diese Sicherheit bei dennoch sehr hohen Renditen zieht viele Investoren an.

Es gibt unter den P2P-Plattformen freilich auch interessante deutsche Anbieter, hier wären die Pioniere smava und Auxmoney zu nennen. Im angloamerikanischen Raum ist das Geschäftsmodell schon seit den frühen 2000er Jahren verankert, für Europa ist der irische Anbieter Flender ein Vorreiter.

Seit wann gibt es P2P-Kredite?

Diese Kreditform gab es auch im 20. Jahrhundert schon, sie wurde mehr oder weniger legal über Printanzeigen als Privatkreditvergabe organisiert. Doch P2P-Investitionen und -Kredite leben von der Diversifizierung für beide Seiten: Investoren streuen ihr Geld auf mehrere Kreditprojekte, Kreditnehmer erhalten von mehreren Investoren unterschiedlich große (bzw. kleine) Summen, bis der Gesamtkredit finanziert ist.

So eine Organisation funktioniert so richtig nur über das Internet, weshalb erst die Online-Ära des 21. Jahrhunderts zum Aufblühen der P2P-Kreditvergabe führte. In den USA entstanden erste Plattformen dieser Art wohl um 2002 bis 2003, in Deutschland traten 2007 jeweils smava und Auxmoney auf den Plan.

Etwa um diese Zeit folgten auch in anderen europäischen Staaten einige Gründungen dieser Art (so Bondoras im Jahr 2008), einen neuerlichen Aufschwung gab es ab 2016. Zu diesem Zeitpunkt stellte sich wohl endgültig heraus, dass die EZB von ihrer Niedrigzinspolitik nicht abrückt, was sie 2019 noch deutlicher bekräftigte, und dass Sparer daher in Europa nichts mehr zu gewinnen haben.

Mit einer P2P-Investition haben sie wiederum nichts zu verlieren. Das erklärt die teilweise rasante Entwicklung von P2P-Plattformen: Der Investorenzulauf ist sehr hoch. Der Kreditbedarf ist ohnehin immer da.

Überblick der wichtigsten europäischen Anbieter

Zu den Anbietern liegen teilweise recht umfassende Zahlen vor, die aber naturgemäß veralten (so das Kreditvolumen oder die Zahl der Anleger). Wir publizieren daher nur die Keyfacts des Gründungsjahres, der Durchschnittsrendite und der Mindestanlage. Die Angaben stammen von den Betreibern, beziehen sich auf das Jahr 2019 (Änderungen vorbehalten) und lassen sich nicht so genau evaluieren, dass wir Garantien dafür geben könnten. Als Orientierung sollten sie jedoch nützlich sein:

AnbieterGründungsjahrDurchschnittsrenditeMindestanlage
smava20077,30 %250 €
Auxmoney20075,00 %25 €
Bondora200810,60 %1 €
Twino200911,00 %10 €
EstateGuru201412,20 %50 €
Mintos201511,70 %10 €
Viventor201511,4 %10 €
Swaper201612,68 %10 €
ViaInvest201612,00 %10 €
Robocash201714,00 %10 €
Peerberry201711,67 %10 €
Grupeer201714,28 %10 €

smava

Im Jahr 2007 war smava das erste deutsche Fintech-Unternehmen. Die Mindestanlage ist mit 250 € relativ hoch, die Sicherheitsstandards sind es aber auch. Inzwischen ist die P2P-Kreditvermittlung nur noch ein Teilgeschäft des Anbieters, der auch ganz normale Darlehen von klassischen Banken organisiert.

Auxmoney

Auxmoney, der zweite unter den deutschen Platzhirschen (neben smava) bietet eine unterdurchschnittliche Rendite von nur 5 % an, was unter Umständen daran liegt, dass hier über lange Jahre auch komplett schufafreie Kredite (mit entsprechend hoher Ausfallquote) vermittelt wurden. Ein weiteres Detail trübt das Bild etwas ein: Nur Auxmoney verlangt von seinen Anlegern eine Gebühr von 1 % der Anlagesumme. Eine Rückkaufgarantie fehlt ebenfalls, allerdings durch die Kreditnehmer besicherte Kredite (etwa durch Abgabe des Kfz-Briefes).

Bondora

Bei Bondora tummeln sich derzeit 60.000 Investoren, die Mindestanlagesumme fällt mit nur einem Euro extrem niedrig aus. Ein besonderes Produkt ist Go & Grow, die Kreditnehmer stammen aus Estland, Finnland und Spanien. Einen Startbonus gibt es ebenfalls. Die Bondora Erfahrungen lesen sich zudem sehr positiv.

Twino

Twino gilt mit der Gründung im Jahr 2009 inzwischen als alter Hase aus Lettland, der eine Payment Guarantee anbietet. Das Kreditvolumen ist mit 455 Millionen Euro sehr hoch (Stand 2019), was auch an der sehr schnellen Arbeitsweise der Plattform liegt.

EstateGuru

EstateGuru ermöglicht die Investition in Immobilien. Eine Rückkaufgarantie gibt es hierfür allerdings nicht. Dafür sind die Kredite mit einer Grundschuld besichert. Die Mindestanlage ist mit 50 € die zweithöchste nach smava.

Mintos

Mintos, der Riese aus Lettland, gibt derzeit eine Zahl von 120.000 Investoren aus 72 Ländern an, die von einer Rückkaufgarantie profitieren. Als Startbonus gibt es einen 1 % Gutscheincode. Die Erfahrungen mit Mintos sind größtenteils positiv.

ViaInvest

Bei ViaInvest gibt es noch vergleichsweise wenige Investoren (derzeit weniger als 9.000), die Plattform wurde auch erst 2016 gegründet. Eine Besonderheit sind hier unbefristete Verbraucherkredite, außerdem kommunizieren die Letten sehr intensiv mit ihren Kunden und starten hierfür unter anderem häufige Umfragen. Kurzzeitkredite erhalten eine Rückkaufgarantie.

Robocash

Hier werden Verbraucherkredite für Kunden aus Europa und Asien vermittelt, auch dieser lettische Anbieter gewährt hierfür eine Rückkaufgarantie.

Viventor, Peerberry und Grupeer

Diese Plattformen sind die kleinsten mit Anlegerzahlen im vierstelligen Bereich. Dennoch bieten sie teilweise sehr interessante Konditionen, weshalb sich ein Blick darauf lohnt. Rückkaufgarantien bieten sie an, bei Viventor kommt auch noch eine monatliche Zahlungsgarantie hinzu.

Fazit

Wer heute noch Geld mit interessanten Renditemöglichkeiten anlegen möchte, sollte sich einmal die P2P-Plattformen anschauen. Das System hat sich in seiner modernen, webbasierten Form immerhin seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten bewährt.

Titelbild © Bildagentur PantherMedia / Premium_shots

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